11. Juni 2018

Kult–Tour: Saudi-Arabien

«Sarab» von Raja Alem

Die Geburtsstunde des islamischen Extremismus wird zur emanzipatorischen Reise für eine saudische Frau: Das ist «Sarab» von Raja Alem.

Shadia und Raja Alem: The Black Arch 2011. Stainless Steel, Cast Iron, Fabric And Stone With Projected Photographs And Sound Installation 700 × 20 × 350 cm.Pavilion Of The Kingdom Of Saudi Arabia At The 54Th International Art Exhibition – La Biennale Di Venezia Foto © Francesco Galli

#-#IMG2#-#Es ist der 20. November 1979 – nach islamischer Zeitrechnung der Neujahrstag des Jahres 1400. In Mekka dringen 500 bewaffnete Rebellen in die grosse Moschee ein und nehmen tausende Pilger als Geiseln. Dieser blutige Vorfall steht am Anfang von «Sarab», des neuen Romans der saudischen Autorin Raja Alem, die damit gleich mehrere Tabus bricht. Zum einen gilt es als Gotteslästerung überhaupt einen Roman über die Heilige Stadt des Islams zu schreiben, zum anderen tut dies eine Frau, die in der Person von Raja Alem gleich noch einen Schritt weitergeht: Die Titelheldin Sarab gehört nämlich als Mann verkleidet zu den Rebellen und mit diesem Einschleusen einer weiblichen Hauptfigur in ein für den Islam traumatisches Ereignis gelingt ihr mit dieser Geschichte gleich zweierlei. Vordergündig ist «Sarab» ein Erklärungsversuch, weshalb wir es heute mit fundamentalistischen Kräften und einem Islamischen Staat zu tun haben. Doch das wäre Alem nicht genug. In der Folge nimmt Sarab einen französischen Elitesoldaten in ihre Gewalt und damit beginnt in der zunächst feindlichen Zweisamkeit ein Dialog, der Sarab auf den Pfad der Emanzipation bringt. Während der saudische König nun Frauen ans Steuer von Autos lässt und sich damit als weltoffen feiern lassen darf, zeigt Alem in «Sarab» auf, welche Denkmuster gebrochen werden müssen, bevor sich eine saudische Frau ihrer Indiviualität und Freiheit überhaupt gewahr werden kann.

Raja Alem, 1970 in Mekka geboren, gehört zu den aussergewöhnlichsten literarischen Stimmen der islamischen Welt. Der weltweite Durchbruch gelang ihr 2011 mit dem Roman «Das Halsband der Tauben», einem literarischen Porträt ihrer Heimatstadt zwischen brutaler Realität und mystischer Verklärung. Gemeinsam mit ihrer Schwester, der bildenden Künstlerin Shadia Alem, präsentierte sie an der 54. Biennale von Venedig im saudischen Pavillon die Installation «Black Arch», bestehend aus 3457 Kugeln, wobei jede Kugel für eine bestimmte Kultur dieser Welt steht. 

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#-#SMALL#-#Raja Alem. Sarab. Roman. Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich. Gebunden. 352 Seiten. Unionsverlag Zürich.#-#SMALL#-#

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