12. Juni 2014

Brasilien 2014: 25 Spieltage. 25 Kulturtipps.

Kunst in der Betonwüste (1/25)

Begleitend zur WM präsentiert TheTitle zu jedem Spieltag einen brasilianischen Kulturtipp. Heute: «Cidade de Cinza» und Criolo.

von Rudolf Amstutz
Kunst als politischer Widerstand: Szenenbild aus «Cidade Cinza». Bild: © Sala 12 Filmes

São Paulo, der Moloch Brasiliens. 11 Millionen Menschen inmitten eines Dschungels aus Beton, dessen unendliche Skyline sich in der Ferne im Grau des Himmels auflöst und zu einer Fläche in Pastell verschwimmt. São Paulo ist wirtschaftlicher Muskelprotz und gleichzeitig Kulturhauptstadt Brasiliens. Museen, Theater, Konzertsäle –  12'000 Restaurants, die kollektiv eine gastronomische Weltreise offenbaren. Ein Ort, in dem Träume wahr werden können, aber meist in der desillusionierten Realität enden. In der Schnittstelle zwischen Arm und Reich, zwischen High und Low, da suhlt sich die Kulturszene: Literaten, Maler, Filmemacher und viel Musik, die sich im Untergrund experimentell zeigt, bevor sie sich langsam der brasilianischen Tradition annähert, um dann als einzigartiges Gemisch Geschichtsschreibung zu betreiben.

Hier in dieser Stadt beginnt die WM.  Zwischen Hoffnung und Elend. Zwischen Erwartung und Enttäuschung.  Zwischen Lebensfreude und unendlicher Traurigkeit. Inmitten dieses betonierten Lebens tauchen immer wieder farbige Stellen auf. Bunte, grossformatige Werke, die das triste Grau durch visuelle Statements bekämpfen. Die beiden Filmemacher Marcelo Mesquita und Guilherme Valiengo haben die Strassenkünstler wie OsGêmeos oder Nunca in ihrem Dokumentarfilm «Cidade Cinza» porträtiert. Weltweit als einzigartige Street Artisten gefeiert, kehrten die Graffiti-Aktivisten nach einer Ausstellung in der Londoner Tate Modern nach São Paulo zurück und sahen sich mit der Absenz ihrer Werke konfrontiert. Die Stadtregierung liess die Stadt «säubern» – eine Aktion, die die Künstler nicht einfach so hinnehmen wollten. «Cidade Cinza»  zeigt den Kampf der einen gegen das Grau der Stadt und der anderen gegen einen künstlerisch vorgetragenen politischen Widerstand.

Die Musik zum Film lieferte Criolo. Sänger, Rapper, Bürgerrechtler. Er, der dank seiner Musik der Armut entfloh, kehrt immer wieder in jene Viertel zurück, in denen der wirtschaftliche Höhenflug dieses gigantisch grossen Landes ungefühlt bleibt, weil – wie Criolo singt – die Liebe nicht mehr existiert. In «Cidade Cinza» und in der Musik von Criolo wird diese Ohnmacht zum künstlerischen Statement.

#-#IMG2#-##-#SMALL#-#Cidade Cinza. Brasilien 2012. Regie: Marcelo Mesquita und Guilherme Valiengo. Buch: Peppe Siffredi, Marcelo Mesquita, Felipe Laceda. Kamera: Tiago Tambelli, Azul Serra, Fabio Pestana, Pedro de la Fuente. Musik: Criolo und Daniel Ganjaman.
Mit OsGêmeos , Nunca , Nina u.a.

«Cidade Cinza» – Trailer »

Criolo – «Doum», Titelsong von «Cidade Cinza» (Videoclip) »

Criolo – Webseite » (Criolo bietet seine beiden letzten Alben zum Gratis-Download an)

Criolo - «Não Existe Amor em SP» (Videoclip) »

Kurzfilm über Criolo »

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