17. Juni 2014

Brasilien 2014: 25 Spieltage. 25 Kulturtipps.

O Bruxo – Der Zauberer (6/25)

Begleitend zur WM präsentiert TheTitle zu jedem Spieltag einen brasilianischen Kulturtipp. Heute: Hermeto Pascoal.

von Rudolf Amstutz
Betreibt Musik als grenzenloses Universum: Hermeto Pascoal. Foto: divulgação

Miles Davis nannte ihn «diesen wilden Albino» und «den grossartigsten Musiker dieses Planeten». Kein Wunder lud er diesen kauzigen Brasilianer ein, um an den heute legendären «Cellar Door Sessions» von 1970 teilzunehmen. Auf dem Davis-Album «Live-Evil» (1971) ist Hermeto Pascoal gleich mit drei Eigenkompositionen vertreten: «Igrejinha», «Nem Um Talvez» und «Selim». In seiner Heimat wird er O Bruxo genannt, ein Zauberer, weil er alles zum Klingen bringen kann: die Natur, den eigenen Körper, Küchenutensilien oder Kinderspielzeug. Zudem gibt es kein Musikinstrument, das er nicht beherrschen würde.

Pascoal wurde 1936 in Olho d'Água das Flores im Nordosten Brasiliens geboren. In den 1950er Jahren zog er nach Rio de Janeiro, gründete gemeinsam mit Airto Moreira das Quarteto Novo und begann kontinuierlich festgefahrene Strömungen zu entstauben und in klanglichen Experimenten aufzumischen. Seitdem hat Pascoal mit unzähligen Formationen ebenso unzählige Alben eingespielt und gehört zuhause zu den einflussreichsten Musikern der Gegenwart.

Seine Ignoranz gegenüber stilistischen Schubladen hat ihn permanent zu neuen Ufern geführt. Folklore, Jazz und Klassik sind bei ihm untrennbar miteinander verbunden. So hat er schon mit Fröschen musiziert oder – wie auf seinem Album «Slaves Mass» zu hören – Schweine ins Studio geladen. In Berlin und Kopenhagen ist er mit den jeweiligen Symphonieorchestern aufgetreten, in den USA neben Miles mit Gil Evans, Chick Corea und John McLaughlin und in seiner Heimat mit Antônio Carlos Jobim, um nur den Prominentesten zu nennen. In der Schweiz wurde er bekannt, als er von Claude Nobs 1979 ans Montreux Jazz Festival eingeladen wurde und ein atemberaubendes Fusion-Feuerwerk auf die Bühne zauberte.

«Ich kann ohne zu komponieren nicht leben. Das wäre, wie wenn ein Süchtiger ohne Drogen leben müsste», sagt er noch heute. Und deshalb wird er auch in Zukunft alles in seiner Umgebung zum Klingen bringen. Am 22. Juni wird dieser einzigartige Hexenmeister 78 Jahre alt.

#-#IMG2#-##-#SMALL#-#
Albumtipp: «Slaves Mass» (1977 / Warner)

«Quebrando Tudo» – Live Montreux Jazz Festival 1979 »

«Mistérios do Corpo» »

«Slaves Mass» hören »

«Os Sons de Hermeto» – Dokumentation (engl. UT) »

#-#SMALL#-#

» empfehlen:
das projekt hilfe/kontakt werbung datenschutz/agb impressum